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Schwangerschaftsdiabetes: Wenn dein Körper fürs Baby auf Hochleistung schaltet

  • Autorenbild: Leonie Meil
    Leonie Meil
  • 21. Mai
  • 3 Min. Lesezeit

"Ich habe mich doch eigentlich gesund ernährt, warum habe ausgerechnet ich jetzt Schwangerschaftsdiabetes?" Diese Frage hört man in der Praxis häufig und sie ist auch absolut berechtigt. Viele Frauen, die die Diagnose Gestationsdiabetes (GDM) erhalten, ernähren sich bewusst, bewegen sich ausreichend und fühlen sich gesund. Und trotzdem gerät der Blutzucker plötzlich aus dem Gleichgewicht. Wie kann das sein?


In der Schwangerschaft läuft im Körper vieles anders und das ist auch gut so.

Eine dieser Veränderungen betrifft den Zuckerstoffwechsel: Dein Körper reagiert weniger empfindlich auf Insulin. Das klingt erstmal ungewohnt, ist aber eine völlig normale, hormonell gesteuerte Anpassung. Denn dein Körper sorgt auf Hochtouren dafür, dass dein Baby jederzeit optimal mit Energie versorgt ist.


Schwanger sein ist nicht immer das schönste, was es auf der Welt gibt. Denn es kommen Herausforderungen, Unsicherheiten und Beschwerden dazu. Es ist normal und in Ordnung, dass du nicht jeden Tag vor Dankbarkeit strahlst.
Schwanger sein ist nicht immer das schönste, was es auf der Welt gibt. Denn es kommen Herausforderungen, Unsicherheiten und Beschwerden dazu. Es ist normal und in Ordnung, dass du nicht jeden Tag vor Dankbarkeit strahlst.


Diese Hormone sind dafür verantwortlich:

  • Humanes Plazenta-Laktogen (hPL) macht Muskeln weniger empfindlich für Glukose, damit mehr Zucker beim Baby ankommt

  • Plazenta-Growth-Hormon (hPGH) wirkt insulinhemmend, ähnlich wie bei Erkrankungen mit zu viel Wachstumshormon

  • Östrogene fördern Fettaufbau, möglicherweise auch indirekt die Insulinresistenz

  • Progesteron könnte die Insulinwirkung im Fettgewebe verringern

  • Cortisol, das klassische Stresshormon, ein weiterer starker Faktor der die Insulinwirkung im Körper schwächt

  • Leptin, normalerweise ein Sättigungshormon, gerät in der Schwangerschaft aus dem Gleichgewicht und beeinflusst zusätzlich den Zuckerstoffwechsel


Kurz gesagt: Dein Körper stellt sich um, damit möglichst viel Energie beim Baby ankommt. Dass du dadurch selbst schlechter auf Insulin reagierst, ist biologisch gewollt, aber es bringt natürlich Herausforderungen mit sich.


Weshalb sind manche Frauen stärker betroffen als andere?

Nicht jede Frau kann diese Hormonumstellung gleich gut ausgleichen. Einige kompensieren den erhöhten Insulinbedarf problemlos, bei anderen schafft es die Bauchspeicheldrüse nicht, selbst ohne Übergewicht oder „ungesunden Lebensstil“. Oft spielen dabei genetische Faktoren, eine bereits vorhandene, aber bislang unbemerkte Insulinresistenz oder auch entzündliche Prozesse im Körper eine Rolle.


Entzündung als heimlicher Mitspieler

Während der Schwangerschaft verändert sich dein Immunsystem. Damit dein Körper das Baby nicht als „fremd“ abstößt, wird das Immunsystem angepasst. Das führt zu einer ganz natürlichen, leichten Entzündung.

Dabei steigen bestimmte Entzündungsbotenstoffe an (z. B. TNF-α, IL-6), die wiederum die Insulinwirkung stören. Bei Frauen mit Gestationsdiabetes wurden diese Stoffe in deutlich höheren Mengen gemessen.


Und was passiert nach der Geburt?

Sobald die Plazenta draußen ist, sinken die Hormonspiegel rasch ab. Innerhalb von 24–48 Stunden normalisiert sich die Insulinempfindlichkeit in der Regel wieder.

Aber: Frauen, die einmal GDM hatten, haben ein erhöhtes Risiko, später Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Daher ist es sinnvoll, regelmäßig den Blutzucker checken zu lassen.


Was du dir mitnehmen kannst:

Schwangerschaftsdiabetes ist kein persönliches Versagen. Du hast nichts „falsch gemacht“. Es zeigt nur, dass dein Körper unter der hormonellen Belastung besonders feinfühlig reagiert und vielleicht gerade jetzt mehr Unterstützung von dir braucht.

Eine gut abgestimmte Ernährung, gezielte Bewegung und emotionale Begleitung helfen dir, diese Zeit gut zu meistern. Lass dich diesbezüglich unbedingt von Fachkräften (Diätolog*innen, Diabetesberater*innen, ...) beraten.



Vielen vielen Dank, Nina Schörghuber (angehende Diätologin und meine Praktikantin), für diese tolle Recherche und Zusammenfassung!



Quellen:

Kampmann, U., Knorr, S., Fuglsang, J., & Ovesen, P. (2019). Determinants of maternal insulin resistance during pregnancy: An updated overview. Journal of Diabetes Research, 2019, Article 5320156 https://doi.org/10.1155/2019/5320156

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Rasmussen, C., Vistrup, J. S., Kampmann, U., & Ovesen, P. G. (2020). Diet and healthy lifestyle in the management of gestational diabetes mellitus. Nutrients, 12(10), 3050 https://doi.org/10.3390/nu12103050

Szmuilowicz, E. D., Josefson, J. L., & Metzger, B. E. (2019). Gestational diabetes mellitus. Endocrinology and Metabolism Clinics of North America, 48(3), 479–493 https://doi.org/10.1016/j.ecl.2019.05.001

Usman, M., Joseph, J. J., & Echouffo-Tcheugui, J. B. (2023). β-cell compensation and gestational diabetes mellitus: Recent insights and future directions. The Journal of the American College of Nutrition, In Press https://doi.org/10.1016/j.jand.2023.09.003


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